Kein Mitverschulden wegen fehlender Motorradschutzkleidung

Nach § 21a Abs. 2 StVO gibt es für Motorradfahrer lediglich die Pflicht einen Schutzhelm zu tragen. Aber auch wenn keine gesetzliche Pflicht zum Tragen von Motorradschutzkleidung besteht, schließt das nicht generell die Obliegenheit aus Schutzkleidung anzulegen. Folglich kann nach einem Unfall von einem Mitverschulden des Motorradfahrers ausgegangen werden, wenn dieser Sandalen statt eines geschlossenen Schuhwerks trägt und der Unfall mit angemessenem Schuhwerk nicht eingetreten wäre.

Nichttragen einer Schutzhose

Anders sieht es bei der Hose aus. Das Oberlandgericht Hamm entschied in einem Fall, dass dem Motorradfahrer nicht angelastet werden kann, dass er zum Unfallzeitpunkt eine Armee-Stoffhose statt Schutzkleidung trug, und er eine Wunde am Knie erlitt, die beim Tragen einer festen Schutzhose hätte verhindert werden können.

Urteil des LG Frankfurt vom 07.06.2018, 2-01 S 118/17 – jurisPR-VerkR 19/2018 Anm. 1.

Gebrauchtwagenkauf: Käufer kann Deaktivierung des Notrufsystems verlangen

Der Käufer eines Gebrauchtwagens kann die Deaktivierung des in dem Fahrzeug eingebauten Notrufsystems verlangen, wenn dieser beim Kauf nicht ausdrücklich auf die damit verbundene Datenerfassung und -übertragung hingewiesen wurde und es keine ausdrückliche Einwilligung zur Erfassung und Übermittlung seiner Daten gab. .

Fall vor dem Amtsgericht Düsseldorf:

Der Käufer eines gebrauchten Mercedes-Benz B 180 verlangte vom Verkäufer die Deaktivierung des in dem Fahrzeug eingebauten Notrufsystems, da er vom Verkäufer nicht über die Datenerfassung aufgeklärt wurde und dies auch nicht zugestimmt hatte.

Speicherung von persönlichen Daten muss zugestimmt werden

Mit dem Notrufsystem werden persönliche Daten des Käufers gespeichert und übermittelt. Diese zeichnen bspw. das bestimmte Fahrverhalten auf, dass sich aus Fahrposition, Insassenzahl, Belastung, Fahrtrichtung sowie Fahrstreckenaufzeichnung zusammensetzt.

Ohne ausdrückliche Einwilligung zur Datenerfassung- und übermittlung kann der Käufer zum Schutz seiner persönlichen Daten die Deaktivierung des Notrufsystems verlangen. Hier kann sich der Verkäufer dann auch nicht darauf berufen, dass das Sicherheitssystem serienmäßig in allen baugleichen Fahrzeugen eingebaut ist.

Dem Käufer steht eine angemessene Kaufpreisminderung zu, wenn der Verkäufer seiner Verpflichtung nicht nachkommt.

Urteil des AG Düsseldorf vom 23.03.2018, 44 C 314/17, DAR 2018, 336.

Wohnmobil: Kein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag bei kleinen Unebenheiten der Außenhaut

Die Außenhaut der meisten Wohnmobile besteht aus Aluminium-Strukturblech und ist selten vollständig eben. Dies muss ein Käufer eines Wohnmobils i.d.R. auch akzeptieren und kann nicht vom Kaufvertrag zurücktreten.

Im verhandelten Fall vor dem Oberlandesgericht Stuttgart erwarb der Kläger ein neues Wohnmobil und leistete eine Anzahlung. Am 13.4.2016 erschien der Käufer beim beklagten Verkäufer, um das Wohnmobil abzuholen und zahlte einen weiteren Teil des Kaufpreises. Allerdings verweigerte der Käufer die Abnahme des Fahrzeugs, weil die Außenhaut des Wohnmobils mehrere Verwerfungen und Kratzer aufwies.

Der Verkäufer war nicht bereit die Mängel auszubessern und folglich trat der Käufer mit Schreiben vom 30.5.2016 vom Kaufvertrag zurück und machte den Anspruch auf Rückabwicklung vor dem LG Stuttgart (AZ: 26 O 181/16) geltend. Doch die Klage blieb erfolglos.

Keine Beschaffenheitsvereinbarung

Auch die Berufung vor dem OLG Stuttgart war nicht von Erfolg gekrönt. Das Gericht ging nicht davon aus, dass zwischen den beiden Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung im Hinblick auf die Ebenheit der Außenhaut getroffen wurde. Diese setze voraus, dass der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernehme und damit seine Bereitschaft zu erkennen gebe, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen.

Dennoch sah das OLG Stuttgart zumindest in den Unebenheiten in Form der Verwerfungen im Bereich der Fensterausschnitte auf der linken Fahrzeugseite einen Mangel als gegeben an und verlangte ein Sachverständigengutachten, welches klären sollte, welche Beschaffenheit bei Sachen der gleichen Art üblich sei und vom Käufer erwartet werden könne.

Unebenheiten bei Sandwichbauweise

Der Sachverständige stellte fest, dass das Auftreten von Unebenheiten bei der Sandwichbauweise seit Langem ein bekanntes Problem sei. Der Sachverständige verglich mehrere Vergleichsfahrzeugen miteinander und stellte fest, dass sich bei dem Wohnmobil die Unterkonstruktion an den Fensterausschnitten abzeichnete. Vergleichbare Verwerfungen stellte er bei keinem Fahrzeug der Konkurrenzhersteller und bei ca. 95 % der Fahrzeuge des streitgegenständlichen Herstellers fest.

Nach dem OLG ist dieser Mangel unerheblich und berechtigte den Kläger nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Mangel der Außenhaut im Bereich der Fensterausschnitte beeinträchtige die Gebrauchstauglichkeit des Wohnmobils nicht und sei ein optisches Problem, welches seine Ursache allein in der Bauweise habe. Der Kläger musste folglich das Wohnmobil abnehmen und bezahlen.

Oberlandesgericht Stuttgart AZ: 3 U 71/17.

Werkstattrisiko liegt beim Schädiger

Nach einem Unfall kann die Werkstattrechnung überhöht scheinen, dennoch kann die Versicherung des Schädigers nicht einfach die Reparaturkosten kürzen. Das Werkstattrisiko liegt beim Schädiger, wie das Amtsgericht (AG) München entschieden hat.

Im oben genannten Fall ging es um einen Verkehrsunfall vom 7.5.2017, bei dem eine vollständige Haftung der beklagten Haftpflichtversicherung unstreitig war. Die beauftragte Werkstatt des geschädigten Klägers stellte Kosten in Höhe von insgesamt 3.944,70 Euro in Rechnung. Dennoch erstattete die beklagte Versicherung nur 3.611,26 Euro und wandte unter anderem ein, dass die Rechnung überhöht sei. Es seien verschiedene Teilpositionen und das sogenannte Lackfinish betragsmäßig nicht nachvollziehbar und eine mehrfache Spureinstellung sei nur bei einer vorangegangenen Vermessung notwendig, für die aber kein Protokoll vorliege.
Auch den Betrag von 100 Euro aus der Rechnung für eine Fahrzeugverbringung zweifelte die beklagte Versicherung an, ebenso wie die für die Mithilfe bei der Begutachtung in Rechnung gestellten Kosten der Werkstatt.

Erstattung der Reparaturkosten – Zug um Zug-Abtretung

Die beklagte Versicherung war der Auffassung, dass die Schadenminderungspflicht des geschädigten Klägers diese Unstimmigkeiten der Rechnung hätte erkennen und gegenüber der Werkstatt rügen müssen und beantragte eine Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Abtretung der Ansprüche gegenüber der Werkstatt aufgrund unrichtiger Rechnungsstellung.

Das AG München sprach dem Geschädigten die Differenz an Reparaturkosten zu, allerdings zu der von der Versicherung gewollten Zug um Zug-Abtretung. Nach Ansicht des AG München hat die beklagte Versicherung das Werkstattrisiko zu tragen. Der Geschädigte kann folglich die restlichen Reparaturkosten – selbst wenn diese tatsächlich überhöht wären – ersetzt verlangen

Der Geschädigte könne nach Auffassung des Gerichts nicht erkennen, ob es ich um sogenannte erforderliche Reparaturmaßnahme handelt oder nicht. Demnach erstreckt sich die Ersatzpflicht auch auf diejenigen Mehrkosten, die ohne Schuld des Geschädigten durch unsachgemäße Maßnahmen der von ihm beauftragten Werkstatt verursacht worden sind.

Amtsgericht München Urteil vom 16.4.2018, AZ: 332 C 4359/18.

Werkstattrisiko: Heckscheibe bei Ausbau beschädigt

Wenn die Heckscheibe eines Wagens bei unfallreparaturbedingten Ausbau reißt, ist dies dem Werkstattrisiko zuzuordnen, aber nur, wenn die Heckscheibe zuvor wiederverwendbar gewesen wäre. Nach dem Amtsgericht Stuttgart muss die eintrittspflichtige Versicherung die Kosten für die neue Scheibe erstatten.

Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 6.7.2018, 45 C 3863/17.

Schädiger zahlt bei Unfallmanipulation

Mangels Zeugen ist der positive Nachweis bei einer Unfallmanipulation bei Gericht oftmals nicht möglich. Das OG Düsseldoft zeigte in dem betreffenden Fall jedoch auf, dass eine Unfallmanipulation auch mit Indizien geführt werden kann.

Unfallbeteiligte kennen sich

Die Voraussetzung hierfür ist, dass die Unfallbeteiligten gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgeschädigten und zunächst auch im Prozess wahrheitswidrig angegeben, sich vor dem Unfall nicht gekannt zu haben. Neben weiteren Unwahrheiten zum Unfallhergang fiel besonders auf, dass es sich bei dem beschädigten Wagen um ein hochwertiges (Porsche Panamera) Fahrzeug handelte. Der Unfallverursacher hingegen fuhr einen nahezu wertlosen Kleinwagen. Diese Angaben berechtigten die Haftpflichtversicherung dazu, von einem manipulierten Unfall auszugehen und jegliche Ersatzleistungen zu verweigern.

Ein starkes Indiz für die Unfallmanipulation sei gewesen, dass die Unfallbeteiligten sich vor dem Unfall vor dem Porsche Panamera fotografieren ließen und das Foto bei Facebook hochgeladen haben.

Das OLG fällte das Urteil zu Gunsten der Versicherung. Demnach bleibt der Schädiger auf den Unfallkosten sitzen.

OLG Düsseldorf, Urteil, 20.02.18 1 U 59/17.

Scheckheft: Falsche Angaben berechtigen zur Rückabwicklung

Wird in einer Verkaufsanzeige der Wagen als „scheckheftgepflegt“ angegeben, darf der Käufer davon ausgehen, dass das auch stimmt.

Das Amtsgericht München gab einem Gebrauchtwagenkäufer Recht, weil er sich von dem Verkäufer getäuscht fühlte.
In dem verhandelten Fall wurde ein Mercedes-Benz Sprinter im Internet inseriert. Der Verkäufer gab vor, nie behauptet zu haben, der Wagen sei „scheckheftgepflegt“. Viel mehr verkaufe er den Wagen ohne Garantie und Gewährleistung.

Dennoch musste er das Fahrzeug zurücknehmen, da Zeugen eindeutig bestätigten, das Auto sei als „scheckheftgepflegt“ online inseriert worden. Diese Eigenschaft gilt als wesentliches Merkmal und die wahrheitswidrige Vortäuschung, das Fahrzeug sei scheckheftgepflegt, berechtigt zur Anfechtung des Kaufvertrages.

Amtsgericht München Urteil vom 10.1.2018, Az: 142 C 10499/17.

Unfallflucht: Entzug der Fahrerlaubnis erst ab 2.500 EUR Sachschaden

Die Fahrerlaubnis bei unerlaubten Entfernens vom Unfallort kann erst ab einem Sachschaden von mindestens 2.500 EUR entzogen werden. Erst ab diesem Betrag liegt ein Sachschaden von bedeutendem Wert im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) vor, so das Landgericht Nürnberg-Fürth.

Fall vor dem LG Nürnberg-Fürth

Einem Autofahrer wurde wegen unerlaubtes Entfernen vom Unfallort die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Der Autofahrer soll nach Zeugenaussagen beim Ausparken aus einem Parkplatz ein anderes parkendes Auto beschädigt haben. Der Sachschaden beläuft sich auf eine Summe in Höhe von ca. 2.100 EUR. Gegen den Entzug der Fahrerlaubnis legte der Autofahrer Einspruch ein.

Entziehung der Fahrerlaubnis unzulässig

Das LG Nürnberg-Fürth entschied zu Gunsten des Autofahrers. Die Fahrerlaubnis könne nur dann entzogen werden, wenn sich aus der vorgeworfenen Tat ergebe, dass der Angeklagte zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Diese Ungeeignetheit ergebe sich u.a. daraus, dass sich der Angeklagte unerlaubt vom Unfallort entferne, obwohl er wissen könne, dass bei dem Unfall ein bedeutender Schaden entstanden ist (§ 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB). Nach dem LG habe der Angeklagte zwar eine Unfallflucht begangen, bei dem Unfall sei aber kein bedeutender Sachschaden verursacht worden. Ein solcher liege erst ab einem Betrag von 2.500 EUR netto vor.

An dem bisherigen Mindestbetrag von 1.800 EUR sei nicht mehr festzuhalten. Eine großzügige Anpassung der Wertgrenze nach oben sei vorzunehmen.

Landgericht Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 28.08.2018, 5 Qs 58/18.

Keine Pauschale Abrechnung nach Mietwagengruppe bei speziellen Fahrzeugen wie PickUps

Ist ein verunfalltes Fahrzeug ein spezielles Fahrzeug, wie ein PickUp mit Doppelkabine und Anhängerkupplung, ein Fahrschulwagen oder ein behindertengerecht ausgestattetes Fahrzeug, kann die gegnerische Versicherung die Mietwagenkosten nicht nach den Preisen für Standardfahrzeuge der Mietwagengruppe, in die das Fahrzeug einzuordnen ist, berechnen.

Weist der Geschädigte, der dieses spezielle Fahrzeug benötigt, nach, dass ein Vermieter im Umkreis ein gleichwertiges Fahrzeug im Angebot hat, sind dessen Preise dem Schadenersatzanspruch zugrunde zu legen.

Amtsgericht Weilburg, Urteil vom 2.5.2018, 5 C 339/17 [5].

Rechnungsprüfung durch Schadengutachter muss erstattet werden

Eine Rechnungsprüfung durch einen Sachverständigen ist nicht Bestandteil des Unfallgutachtens. Der Gutachter kann diese folglich gesondert berechnen. Will die gegnerische Versicherung vom Gutachter eine Rechnungsprüfung, muss diese auch die Kosten dafür erstatten.

AG Plön, Urteil vom 26.07.2018 Az. 73 C 57/18.