Schnell ist es passiert: Man ist nur kurz unaufmerksam und schon hat man beim Einparken ein anderes Auto touchiert. Oder man hält nicht genug Abstand zu geparkten Autos am Straßenrand und fährt einen Außenspiegel ab. Wer dann einfach wegfährt, entfernt sich unerlaubt von Unfallort oder begeht umgangssprachlich Fahrerflucht. Dabei handelt es sich gemäß § 142 Strafgesetzbuch (StGB) um eine Straftat und kann mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden.
Es besteht demnach die Pflicht, nach einem Unfall zunächst am Unfallort zu warten und den anderen Beteiligten bzw. Geschädigten die eigenen Personalien mitzuteilen und weitere relevante Feststellungen zu ermöglichen. Ist kein anderer Beteiligter am Unfallort zugegen, besteht die Pflicht, eine angemessene Zeit zu warten. Hier empfiehlt es sich, die Polizei zu verständigen und über den Unfall zu informieren.
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort auch ohne erheblichen Schaden?
Doch kann auch dann von einem Unerlaubten Entfernen vom Unfallort gesprochen werden, wenn bei dem Unfall nur ein unerheblicher Schaden entstanden ist? Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht (LG) Magdeburg (Urteil vom 08.10.2019, Az: 11 O 1063/19) zu befassen:
Im konkreten Fall war eine Frau von der Fahrbahn abgekommen und hatte einen am Straßenrand stehenden Baum touchiert, sodass dessen Rinde leicht angekratzt wurde. Die Fahrerin fuhr anschließend nach Hause, ohne zuvor die Polizei über den Unfall und die „Beschädigung“ des Baumes zu informieren.
Dies fasste die Kaskoversicherung der Fahrerin als Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort auf und verweigerte die Zahlung. Dieser Ansicht teilte das LG Magdeburg hingegen nicht. Zum einen habe es bei dem Unfall keine weiteren Beteiligten gegeben, gegenüber denen man die notwendigen Feststellungen hätte treffen müssen. Zum anderen wies das Gericht darauf hin, dass der Eigentümer des Baumes durch den Unfall nicht geschädigt worden ist. Schließlich sei die Lebenserwartung des Baumes durch die Kratzer nicht gemindert worden.
Doch Vorsicht bei nur augenscheinlicher Bagatelle
Trotz dessen ist das Verlassen des Unfallortes, ohne zuvor die Polizei zu verständigen, nicht zu empfehlen. So kollidierte ein Münchener Autofahrer mit der Außenwand eines U-Bahn-Aufgangs und beschädigte dabei die Blechbrüstung. Der Fahrer ging nun davon aus, nur einen geringen Schaden verursacht zu haben und verließ die Unfallstelle, ohne die Polizei über den Unfall zu informieren.
Es stellte sich jedoch heraus, dass ein Schaden in Höhe von 21.350 Euro entstanden ist. Der Fahrer wurde deshalb wegen Unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Zudem entschied das Amtsgericht (AG) München, dass die Haftpflichtversicherung des Fahrers zu Recht ihre Zahlung verweigert hatte. Das Gericht wies darauf hin, dass der Unfallfahrer auch nach dem Versicherungsvertrag die Pflicht hatte, am Unfallort zu warten und die notwendigen Feststellungen zu ermöglichen. (Amtsgericht München, Urteil vom 06.03.2015 – 343 C 9528/14)
Hinweis: Fahrerflucht begeht übrigens auch, wer ein parkendes Auto beschädigt und lediglich einen Zettel hinter dem Scheibenwischer hinterlässt. Denn auch hier gilt die Wartepflicht.