Wer kennt es nicht – man hat in der vergangenen Nacht schlecht geschlafen, einen anstrengenden Arbeitstag hinter sich und hat das Gefühl, dass die Augen jeden Moment zufallen. In solchen Fällen ist es wichtig, sich nicht ans Steuer zu setzen und loszufahren. Denn durch Sekundenschlaf gefährdet man sich und andere Verkehrsteilnehmer.
In diesem Zusammenhang hat das Landgericht (LG) Leipzig klargestellt, dass es sich auch bei Übermüdung um einen geistigen oder körperlichen Mangel im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 1b Strafgesetzbuch (StGB) handeln kann. Wer in einem solchen Zustand Auto fährt, obwohl er aufgrund dessen nicht mehr in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, und dadurch andere gefährdet, macht sich – nach Ansicht des LG Leipzig – wegen Gefährdung des Straßenverkehrs strafbar.
Der konkrete Sachverhalt
Die betroffene Autofahrerin befuhr freitags nach Feierabend eine Bundestraße, kam von der Fahrbahn ab und kollidierte mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Dabei erlitt der Fahrer des entgegenkommenden Wagens ein HWS – Syndrom und ein Schleudertraum. An dessen Fahrzeug entstand ein Totalschaden.
Die Entscheidung des LG Leipzig
Das LG Leipzig war der Ansicht, dass die Betroffene derart übermüdet war, dass sie plötzlich am Steuer eingeschlafen ist. Der Unfall sei demnach durch Sekundenschlaf verursacht worden. In diesem Zusammenhang stellte das Gericht klar, dass die betroffene Fahrerin „körperlich bemerkbare Ermüdungsanzeichen“ hätte erkennen und aufgrund dessen mit einem dadurch verursachten Verkehrsunfall rechnen müssen. Daher bewerteten die RichterInnen den Tatvorwurf als fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1b StGB.
Nach Ansicht des Gerichts sei der Unfall durch Sekundenschlaf der Fahrerin verursacht worden. Darauf habe das Gericht schließen können, da die Betroffene eine stressige Arbeitswoche hinter sich hatte und an einem Freitagnachmittag auf dem Nachhauseweg war, als sich der Unfall ereignete. Zudem habe die Fahrerin am Unfallort gegenüber dem Unfallgegner und einem Zeugen zugegeben, kurzzeitig am Steuer eingeschlafen zu sein.
Übermüdung als geistiger oder körperlicher Mangel
Die RicherInnen stellten zudem klar, dass Übermüdung grundsätzlich einen geistigen oder körperlichen Mangel im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr.1b StGB darstellen kann. Voraussetzung dazu ist, dass der oder die Betroffene derart übermüdet ist, dass er oder sie die Übermüdung „bei sorgfältiger Selbstbeobachtung“ bemerkt hätte oder mit deren Eintritt hätte rechnen müssen. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) sei diese Voraussetzung stets gegeben, wenn ein Kraftfahrer am Steuer einschläft. Dies beruhe auf der gesicherten Erkenntnis, dass ein gesunder, bis dahin noch hellwacher Mensch nicht plötzlich von derartiger Müdigkeit überfallen wird (BGH, Beschluss vom 18.11.1969, Az.: 4 StR 66/69).
Demnach sei im vorliegenden Fall nicht von Belang, dass die betroffene Fahrerin vor Gericht angegeben hatte, vor dem Unfall keinerlei Anzeichen von Müdigkeit wahrgenommen zu haben. Auch der Vortrag des Verteidigers, dass der Unfall durch eine kurzzeitige Ohnmacht der Fahrerin verursacht wurde, überzeugte die RichterInnen nicht.
Aufgrund dessen konnte darauf geschlossen werden, dass die Betroffene nicht dazu geeignet ist, ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen, weshalb ihr die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Zudem droht ihr eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro.